Unsere jüngste lernfeldorientierte Betriebserkundung führte die Einzelhandelsklasse WEH 11C im Rahmen des Faches „Kundenorientiertes Verkaufen“ in den
Nazar-Markt, einem SB-Markt mit überwiegend türkisch-orientalischem Sortiment.
Nach der freundlichen Begrüßung durch Frau Cantürk konnten wir viel zur Firmengeschichte, zum Sortiment, zu den Kundengruppen und den besonderen
Service-Leistungen des Marktes in Erfahrung bringen. Die Eheleute Cantürk führen den Betrieb seit 2004 als Einzelhandelsbetrieb; es existiert noch
ein Großhandel für den Gastro- / Imbiss-Bereich mit einem Umsatzanteil von ca. 10%. Bei den Kunden handelt es sich nicht nur türkisch-stämmige Kunden,
sondern zu 40% auch um deutsche Kunden, die etwa im Urlaub liebgewonnene Speisen und Zutaten nicht missen möchten oder abseits des herkömmlichen
Produktsortiments der Discounter einkaufen gehen.
Der Markt verfügt auch über eine Bäckerei und Fleischerei, wobei letztere Hêlal-Erzeugnisse anbietet, also nach traditionellem Ritus geschlachtetes
Rind und Lamm. Es war für uns auch interessant zu erfahren, dass einige Konsumgewohnheiten vom deutschen "Otto Normalverbraucher" abweichen. So ist es
z.B. am Ramadan üblich, dass sich Familien gegenseitig einladen. In dieser Zeit besteht oft die Neigung, in größeren Mengen einzukaufen. Die Bäckerei
bietet deshalb als Service-Leistung auch frisches Brot bis 19:00 Uhr am Abend an.
Auf die Regalplatzierung angesprochen, erläuterte Frau Cantürk, dass viele Stammkunden, ca. 60% der Kundenzahl, eher rational einkaufen, als sich
über Impulskäufe oder „Wellness-Shopping“ zu definieren. Deshalb ist die Regalplatzierung und Warenpräsentation eher konservativ sachlich ausgerichtet,
wobei gegebenenfalls Umplatzierungen dafür sorgen, dass die Produktkontakte erhöht werden.
Zielgruppenbezogenes Ethno-Marketing lässt sich bei der Betriebsgröße nur über die Sortimentspolitik bewerkstelligen. Laut Frau Cantürk ist Werbung
für den Markt eher zweitranging, dafür vertraut man auf die Kundenempfehlungen.
Die Auszubildenden konnten im Anschluss an die Vorstellung von Frau Cantürk noch im Laden ein bisschen herum schnuppern und das Sortiment näher
betrachten, wobei man die eine oder anderer Kaufgelegenheit doch nicht auslassen konnte. Bei der Gelegenheit erklärte uns noch Herr Cantürk, dass Haribo,
so wie es in der Türkei angeboten wird, nicht Schweinegelatine als Bindemittel enthält, sondern natürlich Rindergelatine. Viele andere Süßwaren und
Kekse werden von für uns unbekannten großen Herstellern, wie etwa Halk oder Ülker, produziert, die aber in der Türkei und angrenzenden Ländern
durchaus „Kultstatus“ besitzen, ebenso wie Bahlsen oder Ferrero bei uns in Deutschland.
Für uns war der Besuch eine Bereicherung des Unterrichtsgeschehens und bot die Möglichkeit, einmal über den Tellerrand hinauszusehen und ein Stück
fremde Kultur, die sich im Warensortiment spiegelt, zu begreifen.
Michael Hauck